Veranstaltung: | Landesparteitag |
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Tagesordnungspunkt: | Anträge |
Antragsteller*in: | Kreisvorstand Kiel, Kreisvorstand Plön, Lasse Bombien (Kreisvorstand Rendsburg-Eckernförde) (dort beschlossen am: 26.10.2019) |
Status: | Angenommen |
Eingereicht: | 26.10.2019, 13:51 |
K5, K6, E1 NEU: Effektive Förderung der Wärmewende sowie des Aufbaus von Klimaschutzstrukturen
Antragstext
Effektive Förderung der Wärmewende sowie des Aufbaus von Klimaschutzstrukturen
Schleswig-Holstein ist das Land der Erneuerbaren Energien und sollte als
leuchtendes Beispiel im Klimaschutz voran gehen. Leider sind die bisher auf den
Weg gebrachten Maßnahmen sowohl in den meisten Kommunen des Landes wie auch auf
Landesebene selbst nicht ausreichend um einen Effektiven Beitrag zur Erreichung
der Klimaschutzziele aus dem im Abkommen von Paris zu erreichen. Dazu sind
wesentlich ambitioniertere Schritte sowie eine gemeinsames Vorgehen von Land,
Kreisen und Kommunen notwendig.
Daher fordert der Landesparteitag von Bündnis 90 / DIE GRÜNEN Schleswig-Holstein
die Landesregierung auf,
- den Aufbau von Strukturen zur effektiven und effizienten Umsetzung des
kommunalen Klimaschutzes durch Unterstützungsmaßnahmen zu fördern, um den
Herausforderungen der Klimakrise in den Kreisen, Ämtern, Städten und
Gemeinden in S.-H. zu begegnen.
- die Beschaffung von Grundlagen zur klimafreundlichen Wärmeplanung (z.B. in
Form eines Wärmekatasters) sowie investive Maßnahmen zur klimafreundlichen
Wärmeversorgung stärker zu fördern bzw. bestehende Fördermaßnahmen
auszubauen, anzupassen und zu verstetigen.
- einen Ausstiegsplan für Erdgas als fossilen Energieträger bei der
Wärmeversorgung zu entwickeln. Dieser Ausstiegsplan soll ein
Ausstiegsdatum für Erdgas bei der Wärmeversorgung enthalten und
Möglichkeiten für eine sichere, CO2-freie Wärmeversorgung, auch von
größeren Städten, aufzeigen.
- die Amtsordnung für Schleswig-Holstein §5 Satz 1 Punkt 16 wird wie folgt
zu ändern: "Energie- und Wärmeversorgung sowie lokale Maßnahmen des
Klimaschutzes sowie der Klimaanpassung"
- die Amtsordnung für Schleswig-Holstein §5 Satz 1 wird wie folgt zu
ergänzen / ändern: „Durch Übertragungsbeschlüsse darf das Amt Träger von
höchstens sechs der in Satz 1 enumerativ aufgeführten
Selbstverwaltungsaufgaben werden, sofern eine dieser Aufgaben Punkt 16
„Energie- und Wärmeversorgung sowie lokale Maßnahmen des Klimaschutzes
sowie der Klimaanpassung“ umfasst. Ist dies nicht der Fall, darf das Amt
durch Übertragungsbeschlüsse Träger von höchstens fünf der in Satz 1
enumerativ aufgeführten Selbstverwaltungsaufgaben werden; auf die nach
Satz 1 übertragbare Zahl von Aufgaben wird die Übertragung von Teilen
einer Aufgabe voll angerechnet.“
Begründung
Begründung zu Punkt 1.:
Schleswig-Holstein ist durch äußerst kleinteilige Strukturen geprägt und besteht bei gerade einmal knapp 2,9 Mio. Menschen aus über 1100 politisch selbständigen Städten und Gemeinden. Der Großteil der Gemeinden in SH hat also weniger als 1000 Einwohner*innen und ist viel zu klein um die notwendigen Ressourcen für einen effektiven und effizienten Klimaschutz vorzuhalten. 1022 dieser Städte und Gemeinden haben sich zur effektiveren und effizienteren Verwaltungsarbeit auf Amtsebene zusammengeschlossen. Aber selbst auf Ebene der Ämter wird der Klimaschutz (genauso wie die Klimaanpassung) in SH kaum behandelt. Aktueller Stand an Ämtern mit eigenem Klimaschutzmanagement: 7
Das bedeutet, dass für einen effektiven und effizienten Klimaschutz vor Ort Personal fehlt, welches sich um diese Belange kümmern kann. Daher kommt den Kreisen in SH hier eine Schlüsselrolle zu. Doch selbst auf Kreisebene sind meist zu wenige Stellen für Klimaschutz und Klimaanpassung vorhanden (meistens nur eine einzige Stelle). Dazu kommt, dass Klimaanpassung und Klimaschutz als Querschnittsthemen fast alle Bereiche des täglichen Lebens und somit alle Handlungsfelder der Kommunen betreffen. Um die klimapolitischen Ziele Deutschlands und Schleswig-Holsteins zu erreichen, wäre daher für jedes dieser vielen Felder ein hohes Maß an fachlicher Expertise und Erfahrung notwendig. Bei lediglich ein oder zwei Stellen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung kann diese Expertise aber nicht aufgebaut werden.
Daher haben sich nun einige Kommunen und Kreise auf den Weg gemacht und überlegen, wie und in welcher Form der Klimaschutz und die Klimaanpassung effektiv und effizient gestaltet werden können. Beispielhaft ist hier der Kreis Rendsburg-Eckernförde zu nennen, der zurzeit den Aufbau einer kreisweiten Klimaschutzagentur unter Beteiligung der kreisangehörigen Städte und Gemeinden verfolgt. Solche und ähnliche Maßnahmen der Kreise und Kommunen in SH sollen durch das Land unterstützt und (personell und finanziell) gefördert werden um diese Ansätze schnellstmöglich umzusetzen.
Begründung zu Punkt 2.:
Die Wärmewende in Schleswig-Holstein, in Deutschland und Europa kommt nicht voran. Dabei ist der Sektor Wärme für über 40 % der CO2-Emissionen verantwortlich. Die Neu-Ausrichtung dieses Sektors auf erneuerbare Energien muss also dringend beschleunigt werden, wenn die klimapolitischen Ziele, wie sie sich Landes- und Bundesregierung gesetzt haben, noch erreicht werden sollen.
Die Landesregierung Schleswig-Holsteins hat sich die Wärmewende ebenfalls auf die Fahnen geschrieben. Eine effektive Förderung entsprechender Maßnahmen in den Kommunen des Landes ist bisher aber nicht in Sicht. Zwar hat das MELUND vor kurzem eine neue Förderrichtlinie zum Aufbau klimafreundlicher Wärmeversorgungen veröffentlicht, die hinterlegten 5 Mio. € sind für investive Maßnahmen bzw. für einen wirkungsvollen Beitrag aber viel zu wenig. Projekte, die sich bereits in der Planung befinden und als Richtungsweisend zum Aufbau einer klimafreundlichen Wärmeversorgung angesehen werden können (z.B. in Preetz / Pohnsdorf) dürfen nicht durch mangelnde Unterstützung durch das Land scheitern. Daher fordern wir die Landesregierung auf, die Förderung des Klimaschutzes im Bereich des Sektors Wärme deutlich effektiver und effizienter auszurichten und auszubauen. Besonders im ländlichen Raum lassen sich entsprechende Maßnahmen ohne maßgebliche Unterstützung des Landes nicht umsetzen.
Begründung zu Punkt 3.:
Um die Klimaschutzziele von Paris zu erreichen und damit eine Klimaerwärmung von mehr als 1,5°C bzw. maximal 2°C zu verhindern, muss ein Ausstieg aus den fossilen Energieträgern schnellstmöglich umgesetzt werden. Dazu gehört neben dem Ausstieg aus Öl auch der Ausstieg aus fossilem Gas. Um diesen zu bewerkstelligen und damit Planungssicherheit für die Kommunen in S.-H., insbesondere der Städte, zu schaffen, soll ein Ausstiegsplan aus Erdgas für S.-H. erarbeitet und veröffentlicht werden. Dieser soll Wege aufzeigen, wie Städte und Gemeinden sicher ohne Erdgas und CO2-frei versorgt werden können. Außerdem ist ein derartiger Ausstiegsplan hilfreich, um festzustellen, wie viel Erdgasinfrastruktur wir noch brauchen.
Begründung zu Punkt 4. und 5.:
Laut Amtsordnung für Schleswig-Holstein dürfen amtsangehörige Gemeinden in S.-H. die Verwaltung der Gemeinde in ihre Ämter Ausgliedern. Die Ämter unterstützen die angehörigen Gemeinden, bereiten in Absprache mit den jeweiligen Bürgermeister*innen Beschlüsse vor und führen nach diesen die Selbstverwaltungsaufgaben für die Gemeinden durch. Hinsichtlich der Aufgaben, die die Gemeinden zu erfüllen haben, fungiert das Amt zudem als beratende Instanz und wirkt auf deren Erfüllung hin. Darüber hinaus können mehrere amtsangehörige Gemeinden nach §5 gemeinsam dem Amt die Trägerschaft von Selbstverwaltungsaufgaben ganz oder teilweise aus einem Katalog übertragen. Dieser Katalog enthält 16 Aufgaben wie z.B. Wirtschaftsförderung, Wasserversorgung oder Schulträgerschaft. Außerdem enthält der Katalog unter Nr. 16 den Punkt „Energie- und Wärmeversorgung sowie lokale Maßnahmen des Klimaschutzes“. Aus diesem Katalog dürfen die Gemeinden dem Amt maximal 5 Aufgaben zur (teilweisen) Trägerschaft übertragen.
In der Amtsordnung für Schleswig-Holstein heißt es unter §5 Satz1 bisher: „Durch Übertragungsbeschlüsse darf das Amt Träger von höchstens fünf der in Satz 1 enumerativ aufgeführten Selbstverwaltungsaufgaben werden; auf die nach Satz 1 übertragbare Zahl von Aufgaben wird die Übertragung von Teilen einer Aufgabe voll angerechnet.“
Schleswig-Holstein ist in weiten Teilen durch viele, sehr kleine Gemeinden im ländlichen Raum geprägt, welche ehrenamtlich geführt werden und daher durch Ämter unterstützt und verwaltet werden. Die Gemeinden sind häufig aufgrund ihrer Größe weder personell noch finanziell in der Lage, sich eingehend mit Aufgaben im kommunalen Klimaschutz bzw. den Anforderungen einer zukunftsfähigen Klimaanpassung auseinanderzusetzen. Doch gerade im ländlichen Raum ist das Potenzial für Klimaschutz und nachhaltige Energie- und Wärmeversorgung hoch. Ebenso sind die Erfordernisse der Klimaanpassung durch die bereits bestehenden Auswirkungen des Klimawandels in Schleswig-Holstein groß. Um die vom Bund zugesicherten Verpflichtungen im Klimaschutz zu erreichen, müssen diese Potenziale gehoben und die Gemeinden nachhaltig bei ihren Klimaanpassungsmaßnahmen und Klimaschutzanstrengungen unterstützt werden. Da für die vielen kleinen Gemeinden aber häufig auch andere Aufgaben von zentraler Bedeutung für die regionale Entwicklung sind, findet eine eingehende Beschäftigung mit den jeweiligen Möglichkeiten im Bereich des kommunalen Klimaschutzes häufig nicht statt.
Die Beschränkung der auf Ämter übertragbaren Aufgaben auf maximal 5 führt außerdem dazu, dass andere, häufig als wichtiger erachtete Aufgaben übertragen werden. Schlussendlich führen diese Umstände dazu, dass die vielfältigen Möglichkeiten zum Klimaschutz in weiten Teilen des ländlichen Raums in S.-H. nicht erfasst und damit nicht genutzt werden. Genauso verhält es sich mit dringend erforderlichen Maßnahmen zur Klimaanpassung. Um Anstrengungen im kommunalen Klimaschutz effektiv zu unterstützen und zu fördern, soll der Landtag Schleswig-Holsteins die Amtsordnung für S.-H. wie oben beschrieben ändern/ergänzen.
Durch die Möglichkeit den Ämtern eine sechste Aufgabe zu übertragen, sofern eine dieser Aufgaben den Punkt 16 „Energie- und Wärmeversorgung sowie lokale Maßnahmen des Klimaschutzes“ darstellt, werden die Ämter und Gemeinden in die Lage versetzt, gemeinsam den Klimaschutz „vor Ort“ deutlich effektiver und nachhaltiger auf den Weg zu bringen und umzusetzen. Zusätzlich soll der Punkt wie folgt geändert bzw. ergänzt werden: „Energie- und Wärmeversorgung sowie lokale Maßnahmen des Klimaschutzes sowie der Klimaanpassung“. Dadurch werden Klimaschutz und Klimaanpassung zusammen in ihrer Bedeutung für die Kommunen in S.-H. gestärkt und die Ämter in die Lage versetzt, diese Aufgaben bei Zustimmung durch die Kommunen zu übernehmen.
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